Ansatz

Von globalen Gesundheitskonzepten zur Promoting the health of refugees

In unserer Arbeit als PSZ Rostock orientieren wir uns übergeordnet am umfassenden und positiv-artikulierten Gesundheitsbegriff der World Health Organisation (WHO) von 1951, der Gesundheit nicht als Abwesenheit, sondern als körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden beschreibt. Ebenfalls erinnern wir uns an die Primary Health Care – Declaration of Alma Ata von 1978, in der Gesundheit als universelle Recht deklariert wurde. Seit 2016 besteht als aktuelles WHO-Konzept einer universellen Gesundheitsversorgung und als Nachhaltigkeitsziel i. R. der Sustainable Development Goals der UN, das Universal Health Coverage (UHC). Das UHC-Konzept wird folgendermaßen beschrieben: „that all individuals and communities receive the health services they need without suffering financial hardship. It includes the full spectrum of essential, quality health services, from health promotion to prevention, treatment, rehabilitation, and palliative care across the life course”. Es ergänzt die bisherigen globalen Gesundheitskonzepte, indem es den Zugang zu Gesundheitsdiensten fokussiert und in Form des ‚Target (3.7)‘ – Achieve universal health coverage seine Entsprechung findet. Dessen Umsetzung wurde bis zum Jahr 2030 angelegt. Für den Gesundheitsschutz für geflüchtete Menschen hat dieser historische und aktuelle Hintergrund wesentliche Bedeutung und Relevanz. Auf dem UHC-Konzept basierend veröffentlichte die WHO 2019 schließlich ein umfassendes Programm zur Promoting the health of refugees mit konkreten Anforderungen und Handlungsempfehlungen, um die Gesundheitsrisiken von Geflüchteten und Migrant*innen zu reduzieren und ihre Gesundheitssituation grundlegend zu verbessern. Die Empfehlungen gelten sowohl für staatliche als auch nicht-staatliche Einrichtungen.

Umsetzung einer spezialsierten Gesundheitsfürsorge für Geflüchtete

In der konkreten Umsetzung einer Gesundheitsfürsorge für Geflüchtete besteht insbesondere die Herausforderung, wie sich in Bezug auf die spezifische individuelle Lebens- und Belastungssituation der Menschen im Fluchtkontext eine adäquate, bedarfsgerechte und zielorientierte Versorgung erreichen lässt. Hilfreich ist die Orientierung an Konzepten, die in der Geflüchtetenversorgung bereits etabliert wurden und sich als wirksam erwiesen haben; das MHPSS und SCCM:

Seit 2007 wird international das Mental-Health-Psycho-Social-Support (MHPSS) Programm der IASC* benutzt. Dieses betont zur Förderung der psychischen Gesundheit die Bedeutung einer stufenweisen Versorgung, womit auf die verschiedenen Bedürfnisse und diversen sozialen Kontexten der Menschen eingegangen werden soll. Das MHPSS umfasst als bedeutende Einflussfaktoren für psychische Gesundheit sowohl die Betreuung auf individueller als auch auf der "Community-Ebene". Neben einer psychischen oder psychosozialen Unterstützung der Betroffenen im individuellen Sinne, wie bspw. eine Psychotherapie, wird auch die Einbeziehung der jeweiligen Community als wichtig erachtet, durch "peer-to-peer" Beratung, Aufklärung und Psychoedukation.

Angelehnt an das MHPSS wurde 2017 zur Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Flucht- und Migrationshintergrund das Stepped-Collaborative-Care-Modell durch die Klinik für Psychiatrie der Charité Berlin eingeführt. Ähnlich wie beim MHPSS wird durch den Begriff "stepped care" für eine stufenweise Versorgung appelliert, welche die Einbeziehung von niedrigschwelligen Angeboten wie "peer-to-peer" Beratungen über psychosozialen Versorgungszentren bis hin zu expertengeleiteten Einzeltherapien umfasst. Gerade bei limitierten Ressourcen wird damit versucht eine spezifische Betreuung von Betroffenen zu erzielen. Als weiteres Element soll die "Collaborative-care" die verschiedenen beteiligten Akteur*innen (Fachärzt*innen, Hausärzt*innen, soziale Einrichtungen etc.) besser vernetzen.

Konzepttransfer

In Anlehnung an das SCCM und MHPSS Konzepte versuchen auch wir durch ein niedrigschwelliges Angebot über psychosoziale Beratung, Gruppenbetreuung, Kunsttherapie, psychotherapeutischer Beratung und Vernetzung mit anderweitigen Therapiestellen eine stufenweise Versorgung zu erreichen. Geflüchtete mit manifester psychischer Erkrankung oder erlebten Traumata haben einen anderen Bedarf als diejenigen, die vordergründig mit Diskriminierung oder sozialer Isolation konfrontiert sind oder sich im kulturellen Anpassungsprozess befinden. Im Fokus stehen damit der Umgang mit den postmigratorischen und psychosozialen Belastungen sowie den Stressoren mit denen Geflüchtete unweigerlich konfrontiert sind.

Wir als PSZ Rostock wollen unseren Klient*innen damit bei psychischen und somatischen gesundheitlichen Fragen unterstützen, Hilfestellungen in Krisensituationen geben und sie stärken ihre persönlichen Ressourcen in einer anderen Kultur aufbauen und soziale Netzwerke knüpfen zu können., Empowerment, Integration von Geflüchtete, Schutz vor Gewalt als auch die Früherkennung von psychischen Erkrankungen und ein sicherer Zugang in die Regelversorgung sind unser Anliegen.

BaFF

Bundesweit koordiniert wird die Arbeit der psychosozialen Zentren durch die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V., die sich grundlegend für eine strukturelle Besserung in der Gesundheitsversorgung von Geflüchteten einsetzt. Aktuell befinden wir uns im Aufnahmeprozess.


* IASC=Inter Agency Standing Comitee (Vereinigung internationaler Gesundheitsorganisationen).
** Inter-Agency Standing Committee, IASC guidelines on mental health and psychosocial support in emergency settings. 2007: Geneva, Switzerland; 13